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Fallstudie: Vernetzte Klinik - Neue Spannung und neue Allianzen

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Der Krankenhaussektor befindet sich im digitalen Umbruch. Zwischen 2021 und 2025 investiert die Bundesregierung 4,3 Milliarden Euro in die Digitalisierung deutscher Krankenhäuser, die im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich digitalisiert sind. Im Mittelpunkt steht die stationsübergreifende Vernetzung durch die Etablierung von Krankenhausinformationssystemen (KIS) und den daran angeschlossenen Subsystemen. In einer neuen Fallstudie untersuchen ECDF-Wissenschaftler*innen die Auswirkungen der Software auf die Arbeitssteuerung und -kontrolle sowie die Möglichkeiten der Interessenvertretungen. 

Die vernetzten Softwaresysteme sollen einen bisher nicht erreichten Grad an Datendurchgängigkeit und -nutzung und damit massive Effizienzgewinne ermöglichen. Die Wissenschaftler*innen Philipp Staab, ECDF-Professor für Digitalisierung der Arbeit an der Humboldt Universität zu Berlin, Julia Bringmann und Benjamin Henry Petersen schauen sich in der qualitativen Intensivfallstudie ein überdurchschnittlich digitalisiertes Krankenhaus an. Sie untersuchen die Auswirkungen der Einführung von KIS auf die Arbeitsorganisation in der Pflege, Möglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung bei Digitalisierungsprojekten und gesetzliche Handlungsbedarfe.

Das untersuchte Krankenhaus zeichnet sich durch einen hohen Digitalisierungsgrad aus: Es verfügt über ein umfassendes KIS, das verschiedene Stationen miteinander vernetzt und Subsysteme wie ein geschlossenes Medikationssystem sowie Software zur Kommunikation mit dem Rettungsdienst integriert. “Pflegefachkräfte sind aus ihrem beruflichen Selbstverständnis heraus intrinsisch motiviert, eine optimale Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten, und starre Kontrollstrukturen sind weder notwendig noch zielführend, weil die Komplexität des Pflegealltags Eigenverantwortlichkeit und Spontaneität erfordert. Daran ändert auch der Einsatz eines umfassenden KIS nichts”, so ECDF-Professor Philipp Staab. In Bezug auf die betriebliche Mitbestimmung entsteht laut den Autor*innen eine Effizienzallianz zwischen Management und Mitarbeitervertretung, die die ein gelungenes Beispiel frühzeitiger Mitbestimmung vorlebt und so Belastungen der Beschäftigten vorbeugt.

Die Studie erscheint in der Zeitschrift des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung. Zur Studie: //hier