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Objektive Daten? Feministische Methoden für ausgewogenere Informationen

© ECDF l Felix Noack

Neutrale Daten und objektive Informationen sollen uns ermöglichen, die Vergangenheit zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Aber können Daten und Informationen wirklich objektiv und unvoreingenommen sein? ECDF-Professorin Rebecca D. Frank (HU Berlin) plädierte in ihrem Workshop beim KI-Camp 2021 für eine intersektionale, feministische Betrachtung von Informationen und Daten: „Informationen und Daten spiegeln häufig die Sichtweisen und Vorurteile der Ersteller*innen wider. Künstliche Intelligenz nutzt genau diese Daten. So können Machtsysteme reproduziert werden und Daten dazu beitragen, dass Ungleichheit und Unterdrückung von marginalisierten Gruppen weiter bestehen bleibt“, erklärt Frank. Die Teilnehmer*innen des Workshops beschrieben KI ebenfalls als „zweischneidiges Schwert“ und möglichen Eintrittspunkt in eine utopische aber auch dystopische Zukunft.

Frank gab eine kurze Einführung in den Zusammenhang von Daten und Feminismus und die Grundprinzipien eines feministischen Ansatzes für Data Science. Entwickelt wurde dieser von Catherine D’Ignazio und Lauren Klein, den Autorinnen des Buches DataFeminism, auf dem der Workshop beruht. Dabei geht es vor allem darum, Machtverteilung und Deutungshoheiten zu erkennen und zu bekämpfen sowie zu berücksichtigen, dass Wissen nur vollständig sein kann, wenn alle Perspektiven - nicht nur die dominantesten - gehört werden. Die erhobenen Daten sind dabei nie neutral, sondern immer abhängig von ihrem Kontext: Für Sentimentanalysen werden häufig Twitterdaten als Basis genutzt, dabei ist nur ein sehr kleiner, privilegierter Teil der Weltbevölkerung auf Twitter. In der Digitalisierung ist es daher wichtig, sich zum Beispiel zu fragen, wer die Apps, die wir tagtäglich nutzen, eigentlich designt und zu welchen Zwecken?

Häufig ist hegemonial geprägt, was als relevant und wichtig gilt. Die privilegierten Gruppen nehmen ihre Deutungshoheit aber nicht zwingend als solche wahr: „Das ist keine böse Absicht, sondern liegt einfach daran, dass sie selbst keine Ungerechtigkeit und Unterdrückung im großen Stil erlebt haben. In der Wissenschaft nennen wir das Privilege Hazard, deshalb wollen wir heute reflektieren, wo die blinden Flecken unserer Forschung sind oder sein könnten“, erklärt Frank.

In den Arbeitsgruppen tauschten sich die Teilnehmer*innen über eigene Privilegien innerhalb ihrer Forschung und des Wissenschafts- und Hochschulsystems aus: Wer profitiert von der Forschung, welche Stimmen werden unterdrückt, wessen Ziele werden priorisiert? Gleich zu Beginn wird klar, dass das wissenschaftliche System ausschließlich Menschen mit guter Schuldbildung und häufig auch höherer sozioökonomischer Stellung offensteht, da Aufnahme- und Studiengebühren, teilweise aber auch teure Lebenshaltungskosten anfallen. Dazu kommen die nötige räumliche Flexibilität um studieren, promovieren oder forschen zu können und weitere Hürden. Ausgewählte Professor*innen entscheiden über Forschungsthemen und Methoden; Einverständniserklärungen für Proband*innen sind häufig sehr kompliziert formuliert und erlauben so keine wirkliche Souveränität der Teilnehmenden. „Als Wissenschaftler*innen müssen wir uns dieser Machtstrukturen bewusst sein und sie aktiv hinterfragen, um alle Perspektiven aufzugreifen“ erklärt Frank zum Abschluss.

Über das KI-Camp 2021

Das Einstein Center Digital Future (ECDF) ist Kooperationspartner des KI-Camp 2021 – im Dialog. Mit Algorithmen. Für die Gesellschaft. des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Gesellschaft für Informatik (GI). Prof. Rebecca D. Frank, PhD vertritt das ECDF auf dem KI-Camp.

Bei der Veranstaltung treffen am 27. April 2021 KI-Talente bis 35 Jahre auf renommierte KI-Expert*innen aus der ganzen Welt – in Berlin und virtuell. In interaktiven Fishbowl-Diskussionen, Debating-Sessions und Hands-on-Workshops widmet sich die kostenlose Science Convention in sieben Themen-Tracks transdisziplinären Zukunftsfragen: Gesellschaft, Nachhaltigkeit, Produktion, Wissenschaft, Gesundheit und Life Science, Mobilität und Smart Spaces sowie Kunst und Medien.

Rebecca D. Frank bot im Rahmen der Veranstaltung einen virtuellen Workshop zum Thema "Feminist Approaches in Information Science" an.

Das gesamte Programm des KI-Camps 2021 gibt es //hier