Technologies of Touch

Berühren ist eine zutiefst menschliche Geste. In ihr artikuliert sich nicht nur unsere Fähigkeit zu Mitgefühl und Fürsorge, sondern auch zu Widerstand und Aggression. In den darstellenden Künsten spielt Berührung eine zentrale Rolle – Musikerinnen und Musiker haben einen bestimmten „Touch“ für ihre Instrumente, Tänzerinnen und Tänzer in der Kontaktimprovisation nutzen Körperkollisionen als elementaren Bestandteil ihrer Choreografie.

Im heutigen Alltag jedoch wird Berühren mehr und mehr in standardisierte Modelle der Interaktion überführt und dabei buchstäblich von den meist digitalen Kommunikationsformen des spätwestlichen Kapitalismus vereinnahmt: Smartphones verwenden Touchscreens und biometrische Daten, um uns zu identifizieren. Die sensorische Qualität dieser Interaktion ist in vielerlei Hinsicht unzulänglich – sie erlaubt lediglich den Zugang zu bildschirmbasierten Medien. Digitale Berührung, so argumentiert das neue Projekt Technologies of Touch, ist bisher meist defizient und wenig differenziert. Wie können sinnliche, ausdrucksstarke Dimensionen von Berührung zurückgewonnen werden?

Das von der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) und dem AHRC (Arts and Humanities Research Council in UK) geförderte Forschungsprojekt unter der Leitung von Berit Greinke, ECDF-Professorin für Wearable Computing an der Universität der Künste Berlin, Ariane Jeßulat, Professorin für Musiktheorie ebenfalls an der UdK Berlin, sowie Atau Tanaka, Professor für Media Computing am Goldsmiths University of London, setzt genau hier an: Es erforscht alte und neue Formen körperlicher und zwischenmenschlicher Berührung in musikalischen Performances – entwickelt dabei neuartige tragbare Technologien und macht sensorisch differenzierte Kommunikation der Forschung und künstlerischen Weiterentwicklung zugänglich.

Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Gestaltung zukünftiger Technologien, etwa im Bereich sozialer Interaktion, Inklusion und digitaler Kultur. Mit Musik als Ausgangspunkt schafft das Projekt einen Zugang zu einem tiefergehenden Verständnis der Bedeutung von Berührung in unserer Gesellschaft.