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Neue Publikation: Was männliche Gründer über Gender-Bias-Interventionen denken

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Wie nehmen männliche Führungskräfte in Startups Maßnahmen gegen Gender Bias wahr – und wie engagieren sie sich für mehr Geschlechtergerechtigkeit? Dieser Frage widmet sich eine neue Studie von ECDF-Associated Researcher Janina Sundermeier, Professorin für Digital Entrepreneurship und Diversity an der Freie Universität Berlin und Conny Steenblock, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Digital Entrepreneurship & Diversity an der Freien Universität Berlin, die kürzlich im International Journal of Gender and Entrepreneurship erschienen ist.

 

Unter dem Titel "Men and masculinities in entrepreneurial ecosystems: entrepreneurial leaders’ perspectives on gender bias interventions" untersuchen die Wissenschaftlerinnen, welche Einstellungen männliche Startup-Führungskräfte gegenüber Gender-Bias-Interventionen zeigen – und was dies für Diversitätsbemühungen im Entrepreneurship bedeutet.

 

Vier Typen männlicher Führungskräfte

Die qualitative Fallstudie basiert auf Interviews mit männlichen Führungskräften eines Tech-Startups im Berliner Startup-Ökosystem. Die Analyse identifiziert vier idealtypische Haltungen gegenüber Gender-Bias-Maßnahmen:

  • Der Befürworter erkennt strukturelle Benachteiligungen und zeigt Empathie für Frauen in männerdominierten Umfeldern.
  • Der Beschützer lehnt politische Maßnahmen ab, unterstützt aber einzelne Frauen im eigenen Unternehmen.
  • Der Skeptiker begegnet Interventionen mit Ablehnung – meist basierend auf negativen Vorerfahrungen.
  • Der Gleichgültige bleibt weitgehend unbeteiligt und sieht keine eigene Verantwortung für Veränderungen.

Diese differenzierten Perspektiven zeigen, dass Männer keine homogene Gruppe darstellen – und erklären, warum bestehende Diversity-Maßnahmen oft nur begrenzte Wirkung entfalten.

 

Vom „Fix the Women“ zu „Fix the System“

Im Mittelpunkt der Studie steht ein Perspektivwechsel: Weg von individualisierenden Maßnahmen, die Frauen „fit für den Markt“ machen sollen – hin zu systemischen Veränderungen, die bestehende patriarchale Strukturen und hegemoniale Männlichkeitsnormen kritisch hinterfragen. Dabei kommt Männern als dominante Akteure in vielen Startup-Ökosystemen eine Schlüsselrolle zu, erklärt Sundermeier: „Ihre Haltung gegenüber Genderfragen beeinflusst nicht nur die Unternehmenskultur, sondern auch die Umsetzung (oder Blockade) von Diversity-Strategien“.

Die Autorinnen zeigen auf, dass eine erfolgreiche Transformation von Gründungsökosystemen psychologische Sicherheit, kontextbezogene Trainingsformate und einen offenen Erfahrungsaustausch erfordert – anstelle abstrakter, potenziell überfordernder Maßnahmen. Die Publikation liefert einen wichtigen Beitrag zur Genderforschung im Bereich Entrepreneurship, indem sie theoretische Konzepte mit praktischen Handlungsempfehlungen verbindet. Zugleich lädt sie politische Entscheidungsträger*innen, Startup-Förderinstitutionen und Bildungseinrichtungen dazu ein, Diversitätsmaßnahmen bewusster, differenzierter und inklusiver zu gestalten.

Zur Publikation (Open Access): //hier